7 sichtbare Verschwendungsarten in der Produktion, Versand und Lager

In diesem Blogbeitrag geht es um das spannende Thema Verschwendungsarten in der Produktion und gewerbliche Bereiche. Dies können zum Beispiel die Werkstatt, Versand oder auch das Lager sein. Das Erkennen der Verschwendungsarten ist im Rahmen von Lean Management die Vorarbeit jeder Verbesserung. Wie sie Verschwendungen erkennen können haben wir Ihnen bereits in einem ausführlichen Artikel beschrieben und haben Sie mit der Methode des Verschwendungsrundgangs vertraut gemacht.

Es gibt im wesentlichen 7 sichtbare Verschwendungsarten, die wir Ihnen im Folgenden in Bezug auf die Bereiche Produktion und gewerbliche Betrieb vorstellen werden. Sollten Sie sich für die Verschwendungsarten im Büro und der Administration interessieren, dann hilft Ihnen dieser Artikel weiter.

Zusätzlich gibt es zwei nicht sichtbare Verschwendungsarten, die nicht zu unterschätzen sind und die wir in einem gesonderten Artikel genau beleuchten.

Welche 7 Verschwendungsarten in der Produktion gibt es eigentlich?

#1 Verschwendungsart: Überproduktion

Konkret bedeutet dies, dass mehr produziert wurde, als der Kunde bestellt hat. Zum Beispiel hat ein Kunde 10 Teile bestellt, die blau lackiert wurden. Da die Produktion im Bereich Lackierung diese Farbe gerade in der Maschine hat, werden 40 weitere Teile in dieser Farbe produziert, die nach der Produktion eingelagert werden. In diesem Moment ist bereits die Verschwendungsart Überproduktion entstanden. Schließlich ist bei der Herstellung der 40 überschüssigen Teile Zeit und Material eingeflossen. Außerdem müssen die überschüssigen Teile ins Lager gebracht werden, was ebenfalls Zeit kostet.

#2 Verschwendungsart: zu hohe Bestände

Zu hohe Lagerbestände entstehen zum einen durch Verschwendungsart 1: Überproduktion und zum anderen durch zu hohe Einkaufs- bzw. Bestellmengen. Hier ist zu überlegen, ob genau das bestellt wird, was benötigt wird, oder ob mehr bestellt wird, da dies den Einkaufspreis senkt. Bei einer höheren Bestellmenge muss jedoch ein höherer Lagerbestand und somit die Belegung von mehr Lagerplatz in Kauf genommen werden. Beim Einkauf ist also abzuwägen, ob die Teile zeitnah verkauft werden können oder nicht. Verbleiben die Teile lange im Lager, verschwenden zu hohe Lagerbestände gebundenes Kapital und benötigten Platz. Je nach Unternehmensgröße können hier mehrere tausend, bis mehrere Millionen Euro im Lager liegen, die niemand mehr braucht.

#3 Verschwendungsart: Wartezeiten

Diese Art der Verschwendung wird oft völlig unterschätzt. Warum? Weil Wartezeiten oft kurze Momentaufnahmen sind. Auf den ersten Blick sind es meist nur wenige Sekunden. Aber wenn man sich einen Überblick verschaffen will, muss man diese wenigen Sekunden auf eine Woche, einen Monat oder gar ein Jahr hochrechnen. Das ist ein wahrer Zaubertrick.
Nehmen wir ein Beispiel aus dem E-Commerce, dem Online-Versandhandel. Pro Tag werden 200 Sendungen verschickt. Damit sich das PC-System mit einem externen Versand-Dienstleister verbindet, um die Versandetiketten zu drucken und eine Sendung durchzubuchen, fallen bei dem/der Mitarbeiter*in 7 Sekunden Wartezeit an.
Hochgerechnet ergibt sich:

  • 200 Sendungen mal 7 Sekunden = 1400 Sekunden
  • 23 Minuten pro Tag
  • 2 Stunden pro Woche
  • 8 Stunden/ ein Arbeitstag pro Monat
  • 12 Arbeitstage pro Jahr

Das bedeutet, der/die Mitarbeiter*in steht einen halben Monat pro Jahr am Drucker und wartet auf eine Verbindung und den Ausdruck der Versandetiketten.

#4 Verschwendungsart: doppelte Arbeit und unnötige Prozesse

Bei der Verschwendungsart „Doppelte Arbeit“ handelt es sich in der Praxis häufig, um alte Gewohnheiten, wie z.B. die Excel-Liste, die sich seit 1985 bewährt hat. Auch mit der Einführung von SAP, oder einem anderen System wurde die Excel-Liste nicht abgeschafft, sondern weitergeführt. So werden Daten an zwei Stellen eingegeben. Ein Klassiker der Doppelten Arbeit. Doppelte Arbeit ist ein klarer Fall für einen unnötigen Prozess.

#5 Verschwendungsart: unnötige Bewegung

Damit sind unnötiges Suchen und überflüssige Wege gemeint. Für das Suchen von Büro- und Versandmaterial sowie Werkzeug und Betriebsmittel, wie Leitern, Hubwagen oder auch Schlüsseln und Ersatzteile, werden nicht selten 15 Minuten pro Arbeitstag veranschlagt. Hochgerechnet auf eine Person ergibt sich auch hier eine unglaublich hohe Suchzeit pro Jahr:

  • 15 Minuten pro Tag
  • 75 Minuten pro Woche
  • 300 Minuten/ 5 Stunden pro Monat
  • 60 Stunden pro Jahr
  • Bei 8 Arbeitsstunden pro Tag ergeben sich:
  • 7,5 Tagen/ 1,5 Arbeitswochen pro Jahr

Das Thema überflüssige Wege ergibt sich auf zwei Arten. Zum einen ein einziger sehr langer Weg, was häufig offensichtlich wird und dann auch schnell gelöst wird. Zum anderen und das ist häufig der „unentdeckte“ Fall aus zu vielen kurzen Wegen, die in der Summe eben wieder viel Zeit ergeben.

#6 Verschwendungsart: Fehler

Nehmen wir als Beispiel die Herstellung eines Produktes. Am Anfang wurde ein Fehler gemacht, der nicht bemerkt, nicht kommuniziert oder nicht selbstständig behoben wurde. An dieser Stelle geben wir zu bedenken, dass Fehler oftmals bemerkt und aus Angst vertuscht werden. An dieser Stelle sei auf das Thema fehlende Fehlerkultur hingewiesen, die zu dieser Verschwendungsart führen kann.
Wenn der Fehler also nicht bemerkt, oder vertuscht wird, ist die Folge, dass das Produkt mit dem Fehler in die nächste Abteilung geht und dort unter Umständen weiterbearbeitet wird. Wenn niemand in der Produktionskette den Fehler bemerkt oder ihn bemerkt, aber nicht meldet bzw. das fehlerhafte Teil nicht aussortiert, wird dieses mit jedem Arbeitsschritt ein noch teureres fehlerhaftes Teil. Ggf. fällt der Fehler somit erst bei der Warenausgangskontrolle, beim finalen, fertigen Produkt auf.
Hier wird das Ausmaß der Verschwendung, über alle Produktionsschritte hinweg besonders deutlich. Zum einen wurde Material in das Produkt investiert, zum anderen wurde Zeit aufgewendet. Hier gilt die Aussage: Je schlechter die Unternehmenskultur, desto mehr Verschwendung entsteht, aus Angst einen Fehler bereits zu Anfang aufzudecken.

#7 Verschwendungsart: Störungen

Eine Art von Störung kann der Stillstand einer Maschine sein. Der Defekt wurde zum Beispiel dadurch ausgelöst, dass die Maschine nicht ordnungsgemäß gewartet wurde. Dadurch wird die Produktion ungeplant unterbrochen und die Aufträge können nicht wie im Produktionsplan eingebucht, ausgeführt werden. Wäre der Maschinenstillstand in Form einer Wartung eingeplant gewesen, hätte z.B. mit einer zusätzlichen Schicht vorgefertigt werden können. Die nachgelagerten Arbeitsschritte und Abteilungen hätten dann ebenfalls in time weiterarbeiten können.

Schlussgedanken

Die Verschwendungsarten zu kennen, hilft Ihnen bei der Analyse Ihrer Prozesse. Nutzen Sie die bereits vorgestellte Methode des Verschwendungsrundgangs aus und achten Sie im Rahmen der Methode speziell auf die hier vorgestellten Verschwendungsarten. Mit einem zudem motivierten Team können Sie die Verschwendung leichter aufdecken und Prozesse nachhaltig optimieren.

Es ist sinnvoll auch die 7 Verschwendungsarten im Büro und Administration zu kennen, da es immer wieder zu Überschneidungen der Bereiche kommen kann und ein gemeinsames Verständnis der Zusammenarbeit entwickelt werden muss. Unsere Empfehlung lautet außerdem auch die beiden nicht sichtbaren Verschwendungsarten in die Analyse mit einzubeziehen, da Sie weit größere Auswirkungen haben.

Ihre Kathrin Wortmann und Lars Kinkeldey

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Lars Kinkeldey

ist Spezialist für Lean Management in der Industrie mit 25 Jahren Lean Management Erfahrung.

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Kathrin Wortmann

macht Lean für den Kopf und bringt Klarheit in Gedanken mit innovative Schulungskonzepte aus der Praxis.

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