In diesem Blogbeitrag gehen wir detailliert auf die Verschwendungsarten im Büro und der Administration ein. Dazu gehören zum Beispiel Dienstleister, Agenturen oder interne Abteilung, die von der Produktion/Herstellung getrennt sind. Die unterschiedlichen Verschwendungsarten zu kennen und die eigentlich Verschwendung zu erkennen ist die entscheidende Vorarbeit für eine nachhaltige Verbesserung durch Lean Management. In unserem Artikel Verschwendung erkennen haben sie bereits gelernt, wie sie entsprechende Verschwendungen entlarven und sich bereits mit der Methode des Verschwendungsrundgangs vertraut gemacht.
Im wesentlichen gibt 7 sichtbare Verschwendungsarten, die wiederum auf unterschiedliche Bereich angewendet werden können. In diesem Artikel geht es explizit um die 7 Arten der Verschwendung im Büro und der Administration. Sollten Sie sich aber zum Beispiel für die Verschwendungsarten in der Produktion, Lager und Versand interessieren, wird ihnen dieser Artikel weiterhelfen.
Außerdem existieren zwei nicht sichtbare Verschwendungsarten, denen manchmal zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Sie haben aber einen hohen Einfluss auf ihren Erfolg und sollten daher nicht unterschätz werden.
Welche 7 Verschwendungsarten im Büro und der Administration gibt es eigentlich?
- Überproduktion
- zu Hohe Bestände
- Wartezeiten
- doppelte Arbeit und unnötige Prozesse
- unnötige Bewegung
- Fehler
- Störungen / Stillstand
#1 Verschwendungsart: Überproduktion
Nehmen wir als Beispiel zwei Mitarbeiter*innen die aufeinanderfolgenden Arbeitsschritte zur Bearbeitung eines Kundenauftrages haben. Mitarbeiter*in 1 benötigt für ihre/ seine Arbeitsinhalte zur Bearbeitung einer Kundenanfrage fünf Minuten. Mitarbeiter*in 2, die/ der den Auftrag übernimmt, benötigt für ihre/ seine Arbeitsinhalte sieben Minuten. Dies liegt jedoch nicht an der Geschwindigkeit der einzelnen Personen, sondern am Inhalt bzw. Umfang der Arbeitsinhalte die die beiden Mitarbeiter*innen grundsätzlich in Ihrem Aufgabenpaket haben. Das bedeutet also, dass Mitarbeiter*in 1 an einem Arbeitstag mengenmäßig mehr Kundenanfragen schafft als Mitarbeiter*in 2. Zwei Minuten Unterschied klingt erst einmal nicht viel. Aber auch hier bedienen wir uns des Zaubers der Hochrechnung, um das Problem wirklich greifbar zu machen. Die Annahme bezieht sich auf 4 Stunden Bearbeitung von Kundenanfragen an einem Arbeitstag:
- Mitarbeiter*in 1 = 48 Kundenanfragen pro Tag
- Mitarbeiter*in 2 =34 Kundenanfragen pro Tag
- 14 Kundenanfragen mehr pro Tag
- 70 Kundenanfragen mehr pro Woche
- 280 Kundenanfragen mehr pro Monat
Eine ungleiche Taktung von Arbeitsinhalten führt somit im ersten Schritt zu einer Überproduktion bei Mitarbeiter*in 1.
#2 Verschwendungsart: zu hohe Bestände
Die Aufträge stapeln sich somit bei Mitarbeiter*in 2. Wenn die Kundenanfragen in Papierform erscheinen, wird die Verschwendungsart mit dem bloßen Auge sichtbar. Werden Aufträge zu 100% digital bearbeitet, dauert es ggf. eine ganze Weile bis auffällt, dass die Taktung der Arbeitsinhalte ungleich und somit falsch verteilt wurde.
Ggf. wird an dieser Stelle, bis die fehlerhafte Taktung auffällt, der zweiten Person fälschlicherweise unterstellt, dass sie nicht schnell genug arbeitet und einfach nicht genug schafft. Diese Verschwendungsart bringt häufig viel Frust und falsche Annahmen mit sich!
Das bedeutet, dass eine schlechte Taktung im zweiten Schritt zu hohen Beständen bei der nachgelagerten Person führt.
Verschwendungsart 1 und 2 bedingen sich häufig gegenseitig. Identische Taktung ist alles, um hier entgegenzuwirken!
#3 Verschwendungsart: Wartezeiten
Im Verwaltungsbereich bedeuten Wartezeiten meist fehlende Informationen oder Rückfragen. Aufgrund dessen kann der Mitarbeiter*in nicht weiterarbeiten. Auch das Thema fehlender Vertretungsregelungen führt zu Wartezeiten. Die Mitarbeiter*innen sind beispielsweise im Urlaub oder im Alltag in langen Meetings. Die Kollegen*innen, die auf die Informationen oder Arbeitsschritte angewiesen sind, müssen nun warten oder vergeuden Zeit, indem sie sich die Informationen zusammensuchen müssen.
Vermeiden lässt sich dies durch eine Urlaubsvertretung mit detaillierter Übergabe sowie eine für alle zugängliche Ablage der Informationen, um langes Suchen zu vermeiden.
Komplizierter wird es, wenn ein*e Mitarbeiter*in spontan aufgrund von Krankheit ausfällt. Um lange Wartezeiten, Ärger, Stress und natürlich auch Verschwendung zu vermeiden, ist eine transparente Ablage unerlässlich.
#4 Verschwendungsart: doppelte Arbeit und unnötige Prozesse
Analog im Produktionsbereich sind dies mehrfach gespeicherte Dokumente oder unnötige Ausdrucke.
#5 Verschwendungsart: unnötige Bewegung
Auch hier geht es um unnötige Suchzeiten und Wege, wie bereits bei der Verschwendungsart in der Produktion. In der Verwaltung wird häufig nach Dateien gesucht. Hier ist das Suchen häufig eher digital, wobei es in der Produktion eher physisch stattfindet. Es werden somit Dateien oder Ordner auf Server oder PC gesucht. Um dies zu vermeiden, sollte es ein allgemein verständliches Ordnerablagesystem und eine klare Regelung für die Benennung von Dateien geben.
Ist dies nicht der Fall, erfolgt häufig die Neuanlage von Dateien, weil die gesuchte Datei nicht gefunden wurde. Daraus resultiert, dass es mehrere Dateien zu einem Thema gibt, Mitarbeiter*innen in unterschiedlichen Dateien arbeiten und niemand den aktuellen Stand hat. Hier wird Zeit verschwendet und es existieren irgendwann Massen von Daten, die nicht mehr benötigt werden. Im Folgenden wird auch dieses Beispiel extrapoliert:
- 1 Mitarbeiter*in sucht 10 Minuten pro Tag
- 6 Mitarbeiter*innen 1 Stunde pro Tag
- 5 Stunden pro Woche
- 20 Stunden pro Monat
- 140 Stunden/ 30 Tage pro Jahr
#6 Verschwendungsart: Fehler
In der Verwaltung können dies falsch oder unvollständig angelegte Kundendatensätze sein. Dies hat zur Folge, dass z.B. die Straße falsch hinterlegt wurde und der Spediteur die Ware nicht anliefern kann. Nun beginnt die vergebliche Suche nach der richtigen Adresse, was einen enormen Zeitaufwand bedeutet. Auch Zahlendreher in Artikelnummern führen in der Praxis zu allerhand Chaos. Bis der Fehler gefunden wird, entstehen häufig einige Stunden Zeiteinsatz, um einen komplexen Fehlerverlauf nachzuvollziehen und dann am Ende zur Ursache zu gelangen.
#7 Verschwendungsart: Störungen
Wie können sich Störungen im Bereich der Verwaltung manifestieren? Nehmen wir ein Beispiel:
Sechs Mal am Tag kommen die Kollegen*innen und brauchen Informationen von mir, da ich Key User eines Programms bin. Das bedeutet, dass ich meine eigentliche Arbeit durchschnittlich sechs Mal am Tag unterbrechen muss.
- Sechs Mal Störung a 5 Minuten
- 30 Minuten Störung pro Tag
- 2,5 Stunden pro Woche
- 10 Stunden pro Monat
Auch hier wird verdeutlicht, dass kurze Störungen über den Tag verteilt, auf den Monat hochgerechnet mehr als einen Arbeitstag ausmachen. Der Mehraufwand an Zeit, um mich in meinen eigentlichen Arbeitsgang wieder einzudenken, ist hier noch nicht einmal mit eingerechnet.
Schlussgedanken
Für die Analyse Ihrer internen Prozesse müssen Sie die unterschiedlichen Verschwendungsarten kennen. Gerade wenn Sie die vorgestellte Methode des Verschwendungsrundgangs anwenden können Sie auf die hier vorgestellten Verschwendungsarten im Büro und der Administration besonders achten.
Sollten Sie in einem Unternehmen tätig sein, dass sowohl Produktion/gewerbliche Betrieb und Verwaltung/Administration beheimatet, dann sollte sie unbedingt die 7 Verschwendungsarten auf beide Bereiche anwenden um so die Verschwendung in Übergangsprozessen zwischen beiden Bereich gezielt zu entlarven.
Mit einem zudem motivierten Team können Sie die Verschwendung leichter aufdecken und Prozesse nachhaltig optimieren. Überdies stärken Sie somit das gemeinsame Verständnis der Bereiche zueinander.
Unsere Empfehlung lautet außerdem auch die beiden nicht sichtbaren Verschwendungsarten in die Analyse mit einzubeziehen, da sie oft weit größere Auswirkungen haben, als angenommen wird.
Ihre Kathrin Wortmann und Lars Kinkeldey